Lockstoff Licht (Nahtod, Gehirn)


Das Gehirn macht meiner Einschätzung nach bei einer Nahtoderfahrung eine Art Reset. Da die Verarbeitung der Reize nicht mehr den gewohnten Ablauf nehmen kann, bleibt ihm nur eine Form des Neustarts und nutzt dabei um so intensiver die Nervenleitungen, die noch funktionstüchtig sind.
Die Hell-Dunkel-Unterscheidung ist das evolutionär Elementarste für ein Lebewesen, damit es überleben kann. Das "Licht" am Ende eines vermeintlichen "Tunnels" ist nur gefühlt ein strahlendes Leuchten. Helles Licht existiert nur in unserer Wahrnehmung, wie auch jegliche Farbe.
Die Ausschüttung von Endorphinen z. Bsp. wirkt wie ein Kontrastmittel, das emotionale und visuelle Eindrücke zu verstärken vermag. Im Angesicht einer gefühlten oder tatsächlichen lebensbedrohlichen Situation ist es nicht verwunderlich, auf elementare Erfahrungswerte zurückzugreifen, wie die Hell-Dunkel-Unterscheidung und hierbei die Bedeutungshaftigkeit noch zu intensivieren. Schließlich bedeutet Licht Leben. Wir werden mittels Neurotransmittern auf die Spur ins Licht geführt. Botenstoffe sind nichts anderes als Lockmittel, die uns zu einer Handlung/Option hin oder weg von dieser verführen sollen. Wer würde nicht eine Duft- bzw. Leitmarke setzen, wenn er inmitten einer "dunklen Höhle", die einem plötzlich von jeglichen vertrauten Koordinaten isoliert, den Weg ans Licht zu kennen glaubt. In dieser gefühlt ausweglosen Situation würde ich auch im Übermaß ein erhellendes Signal setzen, um zu beruhigen. Wir tragen die erheiternsten Drogen ja immer in unserem Körper. Wir alle würden sie am gefühlten Ende unseres Lebensweges aus vollen Rohren nutzen und uns an schönen Bildern berauschen. In diesem betörend verschwenderischen Ausmaß macht es der Organismus natürlich nicht einfach so, weil er sich auf Dauer mit diesem Kraftakt, in einem Rausch der Glückseligkeit, selbst umbringen würde und wir darüber die Nahrungszufuhr vergessen würden, sondern nur in vermeintlich letzter Instanz.
Wenn man sich vorstellt, dass dieser Ablauf von tief in unserem Gehirn sitzenden Regionen, im Kleinhirn und Mittelhirn, organisiert wird (daher auch von einem EEG nicht erfasst werden kann), und die Zirbeldrüse, die für den Tag-Nacht-Rhythmus zuständig ist (im melatoninen- und serotoninen System), involviert ist, kann man einen Zusammenhang vermuten. 
Nahtod Erfahrungen

Abschließend noch ein kleines Gedankenspiel ... Wenn Sie wählen müssten, was würden Sie vorziehen? Einigermaßen vital 200 Jahre alt zu werden, aber schon jetzt zu wissen, dass sie am Ende einen langen schmerzvollen Tod mit qualvollen inneren Bildern und Gefühlen erleiden müssten oder nur 80 Jahre zu leben, dafür aber sicher sein zu dürfen, dass am Ende die atemberaubendsten, schönsten Gefühle und Visionen auf sie warten ...
Letztere Vorstellung kann eine beruhigende Wirkung mit sich bringen, man kann gelassener dem Ende entgegensehen, wohingegen die erste Option irgendwann Ängste auslösen wird. Schon zu Lebzeiten würde Sie die Sorge um den qualvollen Tod umtreiben und lähmen. Die beruhigende Wirkung hat einen Vorteil, lässt einen entspannteren Handlungsspielraum. So gesehen ist der Glaube ein wichtiger Aspekt und unser Gehirn weiß ihn in besonderen Situationen zu nutzen.
Über dieses Glaubenskonstrukt, was mit und nach dem Tod auf uns warten mag, ist es ein Leichtes, uns zu manipulieren. Der Eine fühlt sich verführt vom Gedanken, dass er nach dem Tod in einen ewig andauernden paradisischen Zustand übergeht und folgt daher gerne zu Lebzeiten den Anweisungen diverser Versprechungen, auch wenn sie noch so abstrus und inhuman sein mögen. Der Andere wird von angstvollen Thesen getragen und tut alles, was man ihm suggeriert, um seine Aussichten auf ein vital langes Leben zu erhöhen.