Nahtod - Teil 7 (Nahtod, Gehirn)



Heute möchte ich von einem außergewöhnlichen Traum erzählen, den ich vor einigen Wochen hatte. Er ließ mich mitten in der Nacht schweißgebadet aufwachen. Wäre es nur ein normaler Traum, bzw. Albtraum gewesen, würde er keinen Platz auf meinem Blog finden. Doch da er auch mit meiner Nahtoderfahrung von vor vielen Jahren in Zusammenhang steht, möchte ich darüber näher reflektieren.
Das Geträumte in Worte zu kleiden fällt mir schwerer, als die Beschreibung meiner Nahtoderfahrung, verwoben sich doch in diesem Traumgebilde komplexe Schichten, begleitet von einem Déjà-vu, mit völlig neuen Wahrnehmungsebenen. Interessanterweise nutzte mein Gehirn die Erinnerung aus der Nahtodnacht, um in den aktuellen Trauminhalt einzugreifen und den Verlauf zu stoppen. Vor diesem abrupten Halt war ich in ein sehr angenehmes Gefühl von Erhabenheit und Losgelöstheit getaucht. Ein prickelnd heißer Strom riss mich in die Höhe und ließ mich alles überschauen und verstehen. Doch am höchsten Punkt spiritueller Erhabenheit schaltete sich eine Art Wächter in mir ein, dem es zu viel des Beglückenden wurde. Wo ich bei meiner damaligen NTE in diesem atemberaubend schönen Gefühl beglückender Leichtigkeit und Freiheit für immer bleiben wollte, erschien mir das gerade im Traum Empfundene allzu vertraut, so vertraut, dass es mich mit Wucht befremdete. Etwas in mir zog eine Art Not-Bremse, überstülpte einen Gegentraum, war sich des Träumens bewusst und wahr doch selbst Traum. Bei meiner NTE vor Jahren wollte ich nicht mehr in meine Körperlichkeit zurück, zu herrlich war der losgelöste Zustand. Doch wurde ich gegen meinen Willen zurückgeworfen. In diesem Traum jedoch katapultierte ich mich ganz gezielt in die Wachheit.
Was für ein irres, verwirrendes Spiel meines Gehirns.

Im Vorfeld habe ich mir schon öfter die Frage gestellt, ob man eine NTE eventuell bewusst, durch Übung, wie einen luziden Traum, herbeiführen und steuern könne. Ein luzid Träumender ist sich während des Traums bewusst, dass er träumt und verfügt über die Fähigkeit (meist durch Training), gezielt in Trauminhalte einzugreifen. Doch nie legte ich mich schlafen und nahm mir dabei vor, mich auf ein NT-Erlebnis zu fokussieren, in der Hoffnung, noch einmal im Schlaf Vergleichbares zu erfahren. Schließlich wusste ich um die extremen Gefühle, die mich in damaliger Nacht, vor vielen Jahren, aus jeglichem Erfahrungswert wirbelten, die mir auch höchst verstörende Seiten zeigten, die nicht nach Wiederholung riefen. Vielleicht waren es aber genau solche Fragen, die stimulierend wirkten und mich unfreiwillig in diesen vielschichtigen Wahrnehmungszustand beförderten. Die Kulisse des Traums war nicht spektakulär. Das Besondere war der Moment, als sich eine Art Schalter umlegte, ich plötzlich in eine noch weit tiefere Wahrnehmungsebene glitt als in der ersten Sequenz des Traums, mich wacher, klarer, bewusster fühlte, in neuer Dimension. Wo ich vorher mit dem Traum eins war, öffnete sich nun eine weitere Schicht, ein Traum im Traum, ein Handelnder, der sich des Träumens bewusst war. Diese Ebene war über alle Maßen dichter, klarer, präsenter, ausfüllender, dass sie der Nahtoderfahrung von damals gleichkam. Sie bewertete das bisherige Traumgeschehen, griff in die Handlung ein, war sich des Träumens bewusst und gestaltete um.

Diese ungewöhnliche Traumerfahrung ist für mich Anlass, mich nochmals eingehender mit der Nahtod-Thematik zu befassen.

Mittlerweile habe ich einige Theorien über Nahtoderfahrungen entwickelt und teilweise hier vorgestellt. Die intensiven Emotionen bei einer NTE sind leicht durch eine verstärkte Ausschüttung körpereigener Drogen, Neuro-Transmitter zu erklären. Niemand hat bisher von einem Gefühl berichtet, das außerhalb der Transmitterwelt läge und durch sie nicht erklärbar wäre. Erzählte mir jemand irgendwann mal von einem Gefühl, das mir völlig unvertraut ist, würde ich hellhörig werden.

Hier möchte ich einige Botenstoffe aufreihen, die meiner Meinung nach an einer Nahtoderfahrung u. a. beteiligt sind:

Endorphine: schmerzstillend, morphinähnlich
Endovalium: angstlösend
Noradrenalin: anregend, versetzt in Alarmbereitschaft
Dopamin: fantasiefördernd, stimmungsaufhellend, aktivitätsfördernd, antriebssteigernd, in Glücksgefühle versetzend
Acetylcholin: bedeutsam für die Muskelbewegung und Gedächtnisbildung, für das Lernen
Serotonin: beruhigend, absinkende Körperaktivität, entspannend, wohlgefühlsgebend, gibt ein Gefühl der Gelassenheit und Zufriedenheit
Melatonin: schlaffördernd
Oxytocin: bindend, vertrauensfördernd, ein Gefühl von tiefer Verbundenheit gebend
DMT: Ermöglichst neuartige Fantasien und Verknüpfungen, verändert Wahrnehmung, regt die Vorstellungs- und Traumtätigkeit an
Endogene Opioide: deren evolutionärer Sinn könnte darin bestehen, Belastungssituationen zu dämpfen, erträglicher zu machen und dem Individuum damit einen Handlungsspielraum zu eröffnen, und wenn er nur in der Vorstellung existiert (nicht zu vergessen ist, dass alles nur Vorstellung ist)

Kein einziger Erfahrungsbericht, von den unzähligen, die ich über die Jahre gelesen und gehört habe, zeigt mir eine Gefühlswahrnehmung, die mir nicht selbst von meiner eigenen NTE bekannt vorkommt. Die Settings sind natürlich individuell gänzlich verschieden.

Wichtig zu wissen ist, dass man mit Hilfe eines EEG’s keine Aktivität im Stamm- Klein- und Zwischenhirn messen kann. Lediglich die Großhirnrindenaktivität ist damit messbar. EEG-Untersuchungen geben also keinen Aufschluss darüber, ob nicht in tiefsten Hirnregionen Aktivität zu finden ist. Die Hirnstrommessung z. B. bei Hirntoten bezieht sich nur auf dieses Areal. 
Ein Forscherteam hat daher einen Versuch mit Laborkatzen gemacht, diese in ein künstliches Koma versetzt und dabei Elektroden in evolutionär ältere Hirnareale implantiert. Tatsächlich entdeckten sie synchronisierte elektrische Oszillationen, trotz höchster Narkosemittelkonzentration. Die Forscher vermuten zwar spontane Entladungen, die mit dem Bewusstsein wenig zu tun haben sollen, doch bin ich davon überzeugt, dass sich im menschlichen Gehirn weit mehr Bewusstheit und Aktivität unter derartigen Bedingungen abspielt, als wir ahnen. Manche können darüber reflektieren, wenn sie wieder bei Bewusstsein sind, manche vergessen das Wahrgenommene mit dem Aufwachen. So wie die meisten Menschen jede Nacht träumen, auch wenn man meistens beim Aufwachen keine Erinnerung daran hat.
Je weniger die Außenwahrnehmung anzubieten hat, je mehr spielt sich in der Tiefe unseres Gehirns ab, je dichter wird das innere Erfahren und wichtiger Erinnerungswerte. Es ist sicher kein Zufall, dass lange Gespeichertes bei NT-Erfahrungen eine gewichtige Rolle spielt. Genauso, wie sich mit zunehmenden Alter die Erinnerung an weit Zurückliegendes verstärkt, wohingegen das Kurzzeitgedächtnis nachlässt. Funktioniert der Zugriff auf den Kurzzeitspeicher nicht mehr richtig, konzentriert sich das Gehirn auf alte Erfahrungswerte und plötzlich werden Dinge bewusst, von denen man nicht ahnte, dass man sie gespeichert hat.
Hier noch ein Link zu einem weiteren interessanten Versuch:http://www.wissenschaft.de/leben-umwelt/hirnforschung/-/journal_content/56/12054/1979154/Ratten-Experiment-erkl%C3%A4rt-Nahtod-Erfahrungen/

Da nie anders erfahren, ist es für uns das Natürlichste der Welt, unser Ich in dem Körper verhaftet zu wissen, den wir tagtäglich im Spiegel betrachten. Für uns ist dieser Zustand die Regel und Basis für die Orientierung im Raum. Genaugenommen aber ist es eine Meisterleistung des Gehirns, sich in diesem Körper zu verorten, der uns durch das gesamte Leben trägt, und nicht an anderer Stelle, außerhalb unserer Körperlichkeit. Out-of-Body-Erfahrungen (die oft bei einer NTE eine Rolle spielen) zeigen uns, wie es sich anfühlt, wenn die Koordination der Verortung aus den gewohnten Fugen gerät, nicht mehr reibungslos funktioniert. Diese „Im eigenen Körper Verortungs Funktion“ ist so fragil und filigran, dass man sie leicht durch äußere Reize beeinflussen kann, wie zahlreiche Experimente zeigen. Insofern ist es nicht verwunderlich, wenn das Gesamtkonzept ICH bei einer NTE in Frage gestellt wird, dass auch das Bild der Körperlichkeit ein anderes wird. Ich erwarte das regelrecht.

Welchen Hintergrund könnte das Lichtphänomen bei einer NTE haben, von denen fast die meisten berichten können, wie auch ich selbst? Bis vor kurzem konnte ich mir keinen rechten Reim darauf machen. Doch als mir ein Artikel über einen Optogenetik-Versuch in die Hände fiel, kam ich auf eine Theorie. Erforscht wurde hier die Area Tegmentalis. Diese Mittelhirnregion steht in Beziehung zum Belohnungsmechanismus. In diesem Areal kommunizieren Neuronen mit Hilfe des Transmitters Dopamin. Wie oben bereits beschrieben, dient Dopamin der Motivation. Wird der Botenstoff ausgeschüttet, drängt es uns zur Annäherung und Intensivierung. Wissenschaftler nutzten das Verfahren der Optogenetik (Wikipedia: Hierbei werden lichtempfindliche Proteine auf gentechnischem Wege durch Manipulation der codierenden DNA (d.h. des entsprechenden Gens) verändert und anschließend in bestimmte Zielzellen bzw. -gewebe eingebracht. Unter Lichteinfluss ist es anschließend möglich, das Verhalten der in dieser Weise modifizierten Zellen zu kontrollieren), um das Verhalten von Mäusen, im wahrsten Sinne des Wortes, näher zu beleuchten, den Zusammenhängen einer Depression nachzugehen. Bei den Tieren wurde im Vorfeld künstlich eine Depression hervorgerufen. Als die Forscher über die Lichtstimulation die Area Tementalis anregten, wurden die bis dato teilnahmslosen Mäuse plötzlich munter und aktiv. Sie bemühten sich, aus einer schwierigen Situation herauszukommen. Gingen die „Lichtschalter“ wieder aus, verfielen die Tiere erneut in depressives Verhalten. Als ich darüber las, kam mir der Gedanke, ob das Lichtempfinden bei einer NTE nicht einen ähnlichen Stimulationseffekt haben könnte. Durch einen Lichtreiz würde die Zirbeldrüse zur Tätigkeit angeregt werden. Licht bremst die Melatonin-Produktion, die uns müde und antriebslos macht. DMT wiederum erhöht die Vorstellungskraft. Wird gleichzeitig Oxytocin ausgeschüttet, wirkt dies als verstärkendes annäherndes Moment. Was esoterische Kreise gerne als göttliche Liebes-Erfahrung betrachten. Diese Funktion wäre ein evolutionärer Vorteil, wollte man aus einer fast aussichtslosen Lage entkommen, fühlte sich der Organismus in seiner Existenz und Verortung bedroht. Schließlich hängt unser aller Leben am Licht. Es ist ein Ur-Überlebensprogramm, sich dem Licht zuzuwenden. Wen wundert es da, dass wir auch nach dem "Erhellenden" in unserem Leben streben, etwas das unseren Horizont erweitert. Hell-Dunkel-Unterscheidung ist das Ur-Muster schlechthin.
Heute erhalten wir Lichtimpulse über das Auge. Die Zirbeldrüse liegt tief im Innern unseres Gehirns und hat keine Bedeutung mehr in der visuellen Verarbeitung. Das war jedoch nicht immer so.
Auf Neuseeland lebt die Brückenechse, die man als lebendes Fossil bezeichnet. Die jungen Tiere haben ein drittes Auge am Kopf. Mit diesem messen sie Lichtverhältnisse. Es ist auch für ultraviolettes Licht empfänglich. Mit unserer Epiphyse tragen wir ein uraltes Messinstrument für Licht im Kopf. Ursprünglich war die Zirbeldrüse auch Sinnesorgan mit Photorezeptorzellen, die im Laufe der Evolution ihre Bedeutung verloren. Trotzdem ist sie über Nervenbahnen, von der Netzhaut über den Hypothalamus usw.,  für Lichtreize empfänglich.

Eventuell könnte dieser Aspekt zu einer Erklärung für das Lichtphänomen einer NTE führen, soweit meine Theorie :-) Wir alle haben ein inneres Lichtprogramm und dessen Zweck ist nicht nur die innere Uhr.